Die zentralen Jüdischen Feiertage

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Das Judentum ist divers. Wie in anderen Religionen gibt es viele unterschiedliche Strömungen und entsprechende Auslegungen der religiösen Gesetze, die auch das Verhalten an Feiertagen beeinflussen: liberale, egalitäre, rekonstruktionistische, reformierte sowie konservative und orthodoxe, die sich häufig als gesetzestreu bezeichnen und die Gesetze der Tora und der rabbinischen Literatur im engeren Sinne befolgen. Neo-orthodoxe und modern-orthodoxe Juden in diesem Sinne sind zu unterscheiden von den Charedim, den "streng Orthodoxen", die mit ihren besonderen Kleidungsvorschriften weltweit eine kleine Minderheit darstellen. Die meisten Jüdinnen und Juden in Deutschland praktizieren Auslegungen der religiösen Gesetze, die an moderne Lebensumstände angepasst sind.

Jüdische Feiertage beginnen am Vorabend des jeweiligen Tages und enden am nächsten Tag kurz nach Einbruch der Dunkelheit. An den biblischen Feiertagen (Rosch haSchana, Jom Kippur, Sukkot, Pessach, Schavuot) und am Schabbat soll keinerlei Arbeit verrichtet werden. Für traditionell lebende Juden bedeutet dies, dass beispielsweise auch keine elektrischen Geräte verwendet werden und keine Musik gehört wird.

Schabbat

Der Schabbat ist der wöchentliche Ruhetag, der mit Sonnenuntergang am Freitagabend beginnt und am Samstagabend endet. Die Schabbatruhe gilt als heilig. Gesetzestreue Juden schalten Licht und andere elektrische Geräte nicht an oder aus, unternehmen keine Reisen und arbeiten nicht am Schabbat. Häufig ist er eine Zeit für Freunde und Familie. Die gemeinsamen Mahlzeiten, Synagogenbesuche und Spaziergänge am Schabbat sind identitätsstiftend und gemeinschaftsbildend. Daher machen auch nicht orthodoxe Juden den Schabbat zu einem besonderen Tag, an dem sie z. B. ihr Handy nicht benutzen, nicht online gehen und Zeit mit Freunden und Familie verbringen.

Bevor der Schabbat beginnt, werden alle Erledigungen abgeschlossen und das Festmahl vorbereitet, so dass die Schabbatruhe einkehren kann. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit werden zuhause oder in der Synagoge zwei Schabbatkerzen angezündet.

In der Synagoge wird der Schabbat mit einem besonderen Gebet begrüßt, das "Kabbalat Schabbat" heißt. Vor dem abendlichen Schabbatessen wird der Kiddusch gesprochen, der Segen über den Wein. Traditionell segnet und isst man außerdem Challah, einen geflochtetenen Hefezopf. Der Schabbat endet mit der Havdala-Zeremonie, zu der man eine geflochtene Kerze mit zwei Dochten anzündet, Wein segnet und an duftenden Kräutern oder Gewürzen riecht. Damit verabschiedet man sich vom Schabbat und besinnt sich auf die neue Woche.

Rosch haSchana - Neujahr

Datum: 1./2. Tischri (Erster Monat)

Am jüdischen Neujahrsfest wird zwei Tage lang der Beginn des neuen Jahres und zugleich der Jahrestag der göttlichen Schöpfung der Welt gefeiert. Rosch haSchana ("Haupt des Jahres") gilt auch als Tag des Gerichts, an dem man für die Vergebung der Sünden betet. Durch Gebet und innere Einkehr wird der Bund zwischen Gott und den Menschen erneuert. Zudem werden durch die Bitte um Vergebung von den Mitmenschen auch die menschlichen Beziehungen innerhalb der Gemeinschaft gestärkt.

Viele Menschen versammeln sich an Rosch haSchana zum Gebet in der Synagoge, einige gehen weiß gekleidet als Symbol der Reinheit und des Neubeginns. Häufig wird auch ein neues Kleidungsstück gekauft und während des Feiertags getragen. Höhepunkt des Gebets ist das Blasen des Schofars, des Widderhorns.

Traditionell gibt es an Rosch haSchana viele symbolische Speisen, die für gute Wünsche und Segen für das neue Jahr stehen. So backt man runde Hefezöpfe als Symbol für den Jahreskreislauf und isst sie mit Honig für ein süßes neues Jahr. Typisch sind auch in Honig getauchte Apfelschnitze sowie Granatäpfel, die mit ihren vielen Kernen für die zahlreichen religiösen Gebote des Judentums stehen. Man wünscht sich ein "gutes und süßes neues Jahr" mit dem Vorsatz, im neuen Jahr viel Gutes zu tun.

Das jüdische Neujahrsfest fällt in der Regel in die Monate September oder Oktober des gregorianischen Kalenders.

Jom Kippur - Versöhnungstag

Datum: 10. Tischri (Erster Monat)

Jom Kippur ist der höchste und heiligste Feiertag im jüdischen Kalender. Zehn Tage nach Rosch haSchana ist er der Tag der Versöhnung zwischen Gott und den Menschen. In den Tagen zwischen dem göttlichen Gericht am Neujahr und dem Versöhnungstag strebt man durch innere Einkehr nach Reue und Buße für eigenes Fehlverhalten, um das göttliche Urteil günstig zu beeinflussen. Der Versöhnungstag ist metaphorisch die letzte Chance, Berufung vor Gott einzulegen.

Jom Kippur ist ein strenger Fastentag, an dem vom Sonnenuntergang bis zum Einbruch der Dunkelheit am nächsten Tag, also fünfundzwanzig Stunden lang, weder gegessen noch getrunken werden soll. Auch die Verrichtung jeglicher Arbeit – neben Erwerbsarbeit zum Beispiel auch das Kochen, das Betätigen elektrischer Geräte, Sport etc.— ist wie am Schabbat verboten.

Ein Teil der Jüdinnen und Juden verbringt den ganzen Feiertag in der Synagoge beim intensiven Gebet gemeinsam mit anderen. Traditionell gilt weiße Kleidung als Zeichen der Reinheit. Der Feiertag endet nach Einbruch der Dunkelheit mit dem "Ne'ila"-Gebet, der "Besiegelung" des göttlichen Urteils. Danach gibt es ein gemeinsames Fastenbrechen, das "Anbeißen".

Sukkot – Laubhüttenfest

Datum: 15. Tischri (Erster Monat)

Am Laubhüttenfest, das sieben Tage lang im Herbst gefeiert wird, erinnern Juden an den Auszug aus Ägypten und das Wohnen in Hütten während der Wüstenwanderung. Traditionell werden in dieser Zeit alle Mahlzeiten in einer sogenannten Sukka - der Laubhütte – eingenommen, die kein festes Dach hat, sondern mit Zweigen oder Stroh bedeckt ist. Sie wird gemeinsam mit den Kindern schön ausgeschmückt und beispielsweise mit Früchten dekoriert. Wer das biblische Gebot, in der Sukka zu wohnen, wörtlich nimmt, übernachtet sogar in der Laubhütte.

Sukkot ist ein Erntefest. Daran erinnert "arba'at ha-minim", ein besonderer Strauß, der aus Palmblättern, Myrte, Weidenzweigen und der Zitrusfrucht Etrog besteht. Dieser Strauß wird zum Feiertag in alle Himmelsrichtungen geschüttelt, um Gott für die Ernte zu danken.

Schmini Azeret

Datum: 22. Tischri (Erster Monat)

Am 8. Tag von Sukkot feiert man das sogenannte Schlussfest, Schmini Azeret, das den Beginn des Winters markiert. Das Gebet wird ergänzt durch das Jiskor ("Erinnere"), die Seelenfeier, bei der man der Verstorbenen gedenkt.

Simchat Torah

Datum: 23. Tischri (Erster Monat)

Die Feiertagssaison endet mit dem Freudenfest Simchat Tora. Gefeiert wird, dass der Lesezyklus der Tora abgeschlossen ist, man also die fünf Bücher Moses' während der Morgengebete am Schabbat einmal ganz durchgelesen hat – und sofort wieder von Anfang beginnt. Dieser Übergang ist Anlass für eine ausgelassene Feier in der Synagoge: Alle Torarollen werden aus dem "Aron haKodesch", dem Schrein, genommen und tanzend und singend durch die Synagoge und manchmal auch im Freien getragen. Traditionell nehmen viele Kinder daran teil und werden mit reichlich Süßigkeiten beschenkt.

Chanukka

Datum: 25. Kislev (Dritter Monat)

Das Lichterfest Chanukka bringt Glanz in die dunkle Winterzeit. Chanukka bedeutet übersetzt "Weihung", das steht für die Wiedereinweihung des Tempels nach dem Sieg der Makkabäer über die Hellenen um das Jahr 167 vor unserer Zeitrechnung. Gefeiert wird neben dem Sieg auch das überlieferte Wunder, dass das Öl im Tempel in Jerusalem ausreichte, um den Leuchter acht Tage lang anzuzünden, obwohl sich dort nur noch ein Kännchen koscheres Öl für einen Tag befand. Diese Zeit war dringend nötig, um neues, geweihtes Öl herzustellen.

Acht Tage lang werden abends die Kerzen des Chanukka-Leuchters angezündet; jeden Tag eine Kerze mehr. Am letzten Tag leuchten alle acht Kerzen und zusätzlich der Schamasch, die sogenannte Diener-Kerze, mit der die anderen angezündet werden. Der Leuchter, die Chanukkia, steht zuhause direkt am Fenster, so dass er von draußen gesehen und dadurch das Wunder verkündet wird. Begleitet wird das allabendliche Kerzenzünden von melodischen Segenssprüchen und Chanukka-Liedern. Traditionell werden – in Erinnerung an das Ölwunder – fettige Speisen wie frittierte Kartoffelpuffer (Latkes) und Krapfen (Sufganiot) gegessen. Kinder bekommen Schokoladenmünzen geschenkt und spielen mit dem sogenannten Dreidel oder Trendl. Das ist ein Kreisel, der auf vier Seiten mit hebräischen Buchstaben markiert ist, die den Satz "Ein großes Wunder geschah dort" ergeben (Nes gadol haja scham – Nun, Gimel, Hej, Schin).

Das Spiel geht so: Nüsse, Schokomünzen oder Ähnliches werden unter den Mitspielenden und in die Spielmitte verteilt. Landet der Kreisel auf dem Nun, bekommt man nichts; landet er auf dem Gimmel, bekommt man alles; landet der Kreisel auf dem Hej, nimmt man sich die Hälfte, und bei Schin muss man alles in die Mitte legen.

Tu biSchvat

Datum: 15. Schvat (Fünfter Monat)

Am 15. Schvat feiern Juden das neue Jahr der Bäume. In Israel blühen schon an Tu biSchvat, das im Januar oder Februar gefeiert wird, die ersten Bäume, allen voran der Mandelbaum. Es gibt verschiedene Bräuche, die alle mit Früchten und Blumen zu tun haben. So isst man traditionell typische (Trocken-)Früchte aus dem Land Israel (wie Datteln, Aprikosen, Feigen, Rosinen und Johannisbrot). Ende des neunzehnten Jahrhunderts entstand im Land Israel außerdem ein neuer Brauch, Bäume zu pflanzen, um das Frühjahr einzuläuten.

Purim

14. Adar (Sechster Monat)

An Purim wird mit einem Freudenfest die Errettung der Juden in Persien durch die Königin Esther gefeiert. In der Megillat Esther, der Esther-Rolle, ist die Geschichte festgehalten:
Der einflussreiche Minister Haman veranlasste die Vernichtung der Juden, die er als Feinde betrachtete. Durch geschickte Diplomatie gelang es der jüdischen Königin Esther, diesen Plan zu vereiteln. Sie erwirkte bei ihrem Mann, dem König Ahasverus, dass die Juden sich verteidigen und dadurch retten durften.

Diese Geschichte wird an Purim jedes Jahr in der Synagoge vorgelesen. Traditionell kommen Kinder und Erwachsene in bunten Verkleidungen und es wird ausgelassen gefeiert. Wenn immer der Name des Bösewichts Haman während der Lesung fällt, wird mit Rasseln Lärm gemacht, um den Namen zu übertönen. An Purim wird außerdem reichlich Alkohol getrunken, denn das Gebot sagt, dass man trinken soll, bis man nicht mehr zwischen Haman (dem Bösen) und Mordechai (dem Guten) unterscheiden kann. Neben vielen Süßigkeiten isst man traditionell "Osnei Haman" oder Hamantaschen, süße Teigtaschen, die mit Mohn, Schokolade oder Früchten gefüllt sind.

Pessach

Datum: 15.-22. Nissan (Siebter Monat)

Pessach wird auch das Fest der Mazzot, Fest der Freiheit oder Fest des Frühlings genannt. Juden erinnern an die Befreiung des Volkes Israel aus der Sklaverei in Ägypten. Durch die plötzliche Flucht hatten die Israeliten keine Zeit, den Brotteig säuern zu lassen. Das Symbol des Feiertags ist deshalb die Mazza, das ungesäuerte Brot. Während der acht Pessach-Tage ist deshalb sogar der Besitz jeglicher gesäuerten Speisen ("Chametz") verboten, also vor allem alle Teiggerichte. Um dieses Gebot einzuhalten, wird das Zuhause gründlich gereinigt und alles Essen verschenkt oder verkauft, das nicht koscher für Pessach ist.

Pessach beginnt mit dem Sederabend, bei dem die Geschichte vom Auszug aus Ägypten ("Haggada") gelesen und ein Festmahl genossen wird. Der Abend wird meist gemeinsam mit Familie und Freunden zuhause gefeiert, vorher wird auch in der Synagoge gebetet. Auf dem Sederteller liegen symbolische Speisen wie bittere Kräuter und Charoset, eine Paste aus Nüssen und Früchten. Zum Ritus gehört es, vier Gläser Wein zu trinken und bestimmte Speisen in Salzwasser zu tauchen. Die Haggada-Lesung endet meist spät in der Nacht mit traditionellen Liedern wie "Echad mi Jodea" und "Chad Gadja". Manche Juden feiern auch weitere Sederabende während der Pessachtage.

Schavuot

Datum: 6. und 7. Sivan (Neunter Monat)

Das Wochenfest Shavuot erinnert an die göttliche Offenbarung und die Übergabe der Zehn Gebote an das Volk Israel am Berg Sinai. Auf diesem Ereignis basiert das Bündnis zwischen Gott und dem Volk. Shavuot ist auch eins der drei Wallfahrtsfeste, an dem die ersten Früchte zum Tempel in Jerusalem dargebracht wurden. Eine Tradition ist deshalb, das Zuhause oder die Synagoge mit frischem Grün zu schmücken.

Traditionell ist auch der Tiqqun ("Verbesserung", "Reparatur"), eine lange Lernnacht bis zum Morgengrauen. Juden auf der ganzen Welt bleiben in der ersten Feiertagsnacht wach, um – ganz in Weiß gekleidet – gemeinsam zu lernen und sich wie die biblischen Juden in der Wüste auf die Offenbarung geistig vorzubereiten. Das Lernen endet mit dem Morgengebet bei Einbruch des Tages.

Gegessen werden zu Shavuot vor allem Speisen aus Milchprodukten wie Käsekuchen, Blinis (mit Quark gefüllte Pfannkuchen) oder Aufläufe mit Käse. Zudem wird in der Synagoge die Geschichte von Ruth vorgelesen, die sich dem Judentum angeschlossen hat.