Felix Klein: "Anschuldigungen waren leider nicht unwahrscheinlich sondern vielmehr völlig denkbar"
Pressemitteilung 17.10.2022
Der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, Dr. Felix Klein, zum aktuellen Stand im Fall der Antisemitismusvorwürfe des Sängers Gil Ofarim gegen ein Leipziger Hotel:
„Fast genau ein Jahr nachdem der jüdische Sänger Gil Ofarim Antisemitismusvorwürfe gegen ein Leipziger Hotel erhoben hatte, ist weiter unklar, was genau an dem Abend dort geschehen ist. Doch das Erschreckende an dem Fall ist aus meiner Sicht nicht, dass die Vorwürfe, die der Sänger in seinem viel beachteten Videostatement sichtlich bewegt vortrug, sich möglicherweise so nicht zugetragen haben.
Das eigentlich Erschreckende ist aus meiner Sicht, dass die Anschuldigungen leider nicht unwahrscheinlich sondern vielmehr durchaus vorstellbar waren. Aus diesem Grunde hatte auch ich eine Einschätzung abgegeben, die aus heutiger Sicht nicht zutreffend war. Denn das Ermittlungsverfahren gegen den Hotelmitarbeiter wurde inzwischen eingestellt, da die Ermittlungen keinen hinreichenden Tatverdacht ergaben. Ich unterstütze eine offene, aktive Fehlerkultur und bin der Ansicht, diese gehört zu unserer Demokratie.
Zugleich sollte uns dieser Vorfall darin bekräftigen, Ereignisse zunächst genau zu untersuchen, bevor eine Bewertung abgegeben wird. Und unser aller Ziel sollte es mehr denn je sein, eine Gesellschaft zu schaffen, in der Antisemitismus, wie Gil Ofarim ihn beschreibt, im ersten Reflex eher unwahrscheinlich als völlig denkbar erscheint.“